Hamburg 2006 – Einmal an einem Tag um die halbe Welt fahren, geht das überhaupt? Wenn man die Welt verkleinert darstellt, dann geht es, wie z.B. im Miniatur-Wunderland in der Hamburger Speicherstadt. Bestens vorbereitet von Bernd Riechers setzte sich eine achtzehnköpfige Gruppe an einem Dienstagmorgen im Juni des Jahres 2006 in den Zug und fuhr zunächst nach Uelzen. Dort hatten wir Gelegenheit, den neuen „Hundertwasser-Bahnhof“ zu besichtigen. Famos, wie man einen Bahnhof völlig neu und doch funktionell gestalten kann. Zur Weiterfahrt nach Hamburg bestiegen wir dort den doppelstöckigen klimatisierten Zug der Metronom-Gesellschaft.
Vom Hamburger Hauptbahnhof fuhren wir mit der U-Bahn zu unserem Ziel, einem preiswerten Hotel auf der Reeperbahn. Dass es früher nur „stundenweise“ vermietet wurde, merkte man nicht mehr. Es war für diese eine Übernachtung auch unwichtig. Nun galt es, die Zimmer in Beschlag zu nehmen und sich frisch zu machen. Dann ging es los zum ersten Törn. Direkt neben der Speicherstadt findet man das Zollmuseum, das wir besichtigen konnten.
Besonders interessant war für uns die „Schmuggelabteilung“ mit ihren vielen verschiedenen Fundstücken in der Asservatenkammer. Über den Einfallsreichtum der Schmuggler konnte man nur staunen. Jetzt ging es zur obligatorischen Hafenrundfahrt. Dabei wurde viel gefilmt und fotografiert. Wir waren sehr bestürzt, als wir zwei Tage später in den Nachrichten hörten, dass das Wasserflugzeug einer Hafenrundfluglinie, das wir noch zuvor aufgenommen hatten, abgestürzt war. Zum Abendessen waren wir in einem Fischrestaurant zu Gast. Mal so richtig frischen Fisch schlemmen, das war doch was. Im Restaurant war extra ein großer Fernseher aufgestellt, damit man ja nichts von der gerade laufenden Fußball-Weltmeisterschaft verpasste. Nach dem guten Essen war noch ein Gang zur „Großen Freiheit“ angesagt. Hier war einmal der „Starclub“, der Club, in dem die Beatles ihre ersten Auftritte hatten. So frischten wir alte Erinnerungen auf. Etwas abseits der Reeperbahn fanden wir eine gemütliche Kneipe zum Plaudern.
Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, Frühstück einnehmen und Koffer packen. Dann ging es zum „Miniatur Wunderland“ in der Speicherstadt. Da wir als Gruppe angemeldet waren, konnten wir auch gleich hinein. Nach dem Durchschreiten einiger Vorräume im dritten Stock kamen wir in die eigentliche Ausstellungshalle und nahmen an einer Führung teil. Welch eine Vielfalt an Landschaften, wie viele fahrende Züge und Autos waren dort zu bewundern. Trotz der großen Vielfalt war alles logisch nach Landschaften aufgebaut. Obwohl sich unser Führer Zeit ließ, war es nicht möglich, alle Details aufzunehmen. Nach einer Stunde wurden wir erst einmal mit dem Hinweis entlassen, dass es für technisch interessierte Besucher auch noch einen Rundgang zum Blick „hinter die Kulissen“ gäbe. Die Detailverliebtheit der Erbauer dieser Anlagen kennt keine Grenzen.
Ein Beispiel: Wenn in der Hamburger Landschaft eine S-Bahn in einen Tunnel einfährt, dann endet der Blick nicht an der Tunnelöffnung, nein selbst die Tunnelwandung ist, wie in der Realität, noch mit Graffiti bemalt. Überall an der Anlage findet man rote Druckknöpfe, mit denen Aktionen ausgelöst werden können. Dann bewegen sich zum Beispiel Arbeiter an einer Straßenbaustelle, ein Presslufthammer rattert und ein Bagger belädt einen LKW.
Sehr interessant war, dass die Schiffe im Hafen per „GPS“ gesteuert werden, mit einem hauseigenen „GPS-System“, das die Hamburger Modellbauer selbst erfunden haben, um ihre Schiffe auf den Zentimeter genau steuern zu können. Es ist vermutlich dem weltweiten GPS, das u.a. auch unsere „NAVls“ nutzen, nachempfunden. Danach erhielten wir einen Einblick in die Steuerzentrale: In einem runden Raum sitzen vier Mitarbeiter vor achtundvierzig Monitoren, um den Fahrzeugbetrieb zu überblicken und notfalls regelnd einzugreifen. Drei Teams sind jederzeit einsatzbereit, um entgleiste oder umgekippte Fahrzeuge wieder auf ihre Spur zu bringen. Schließlich erfuhren wir auch, wie die Akkus der Straßenfahrzeuge aufgeladen werden. Dazu wurden wir in einen separaten Wartungsraum geführt. Wir erfuhren, wenn der Akku leer ist, meldet sich das Fahrzeug hier per Funk an und wird per Funkbefehl in diese Ladestation geführt. So sahen wir einen LKW, der aus einem Tunnel kam und vor einer Garage anhielt. Kurz darauf fuhr eine Bühne, die so aussah wie die Waschwalzen einer Autowaschanlage, an das Fahrerhaus heran, legte zwei Kontakte gegen die Außenspiegel und der vollautomatische Ladevorgang begann. Wir erfuhren, was die Konstrukteure dieser Anlage an eigenen Ideen einbrachten, damit die Fahrmodelle auch monatelang laufen können. Außerdem lernten wir, dass das Miniatur-Wunderland jedes Jahr zwanzig junge Leute zu Modelltischlern, Designern und Feinmechanikern ausbildet.
Jeder, der ein bisschen Spaß an Modellen hat, sollte das Miniatur Wunderland besuchen. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken. Mittlerweile kommen sogar Gruppen aus ganz Europa zum Besuch dieser weltweit größten Modellanlage. – Bericht: Horst Schubert